3 Ebenen der Integration
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Pfarrer Mario Saint-Pierre

                                Pfarrer Mario Saint-Pierre


Die drei obengenannten Herausforderungen könnten einem unüberwindbaren Berg ähnlich scheinen. Ein Hirte könnte noch dazu sagen, dass er bereit wäre, die eine oder die andere ins Auge zu fassen, aber nicht alle drei zur selben Zeit. Wenn man nun aber diese drei Herausforderungen so betrachtet, dass die eine in der anderen mit eingeschlossen ist, dann würde diese Sichtweise zweifellos zu verstehen erlauben, wie das EPZS als integrativer Ansatz verführt. Um diese Wirklichkeit gut zu verstehen, verwenden wir zwei Adjektive: "integral (umfassend)" und "integrativ".



Das EPZS entfaltet einen "integralen (umfassenden)" Ansatz, da es auf jeden Fall die Gesamtheit der Elemente im Blick hat, aus denen es besteht. Wenn eines der Elemente fehlt oder nicht gut in den Gesamtzusammenhang integriert ist, funktioniert es nicht, genauso, wie es sich auch mit dem menschlichen Körper verhält, der jedes seiner Organsysteme braucht um gesund zu sein und wachsen zu können. Es ist schwierig, sich das Gegenteil vorzustellen.



Das EPZS ist aber auch "integrativ". Diese neue Wortschöpfung ist notwendig für das Verständnis, dass die verschiedenen Elemente in den Gesamtzusammenhang in dem Maß integriert sind, in dem sie harmonisch und zusammenhängend mit einer einenden und einbindenden Kraft wirken und handeln. An sich gibt es nichts zu "machen", auch wenn natürlich eine Verantwortung da ist, die Gnade Christi "machen zu lassen". Das integrale und integrative Organsystem entwickelt sich von selbst. Im Gegenteil, es wird nachlassen, die Kraft verlieren oder krank werden, wenn eines seiner Elemente nicht mehr richtig funktioniert. Daher ist es notwendig, sich diese integrative Sichtweise anzueignen, um die organische Dynamik des EPZS zu verstehen. Aus diesem Grund sprechen wir von drei Integrationsebenen, die für ein gutes Funktionieren und für die Fruchtbarkeit des EPZS notwendig sind. Das biologische Urbild der "Zelle" ist uns dabei eine große Hilfe.



Erste Ebene: Die zelluläre Integration

Genauso wie die biologische Zelle Grundbaustein allen Lebens ist, so ist auch die Evangelisationszelle Grundbaustein des EPZS. Die Zelle ist in sich ein abgeschlossenes Ganzes. Sie muss sich ernähren, um gesund wachsen zu können. Sie ist dazu bestimmt, sich zu teilen, dies ist das eindeutige Zeichen ihrer Vitalität. Genau darin unterscheidet sich die Evangelisationszelle wesentlich und per Definition von jeder Anderen christlichen Gruppe. Sie verinnerlicht ganz tief in sich selbst die Teilungsdynamik. Ohne diese klare Vision und genaue Definition der Evangelisationszelle, vervielfältigt man nur Verwirrungen und Zweideutigkeiten, vergeudet Zeit und weckt falsche Erwartungen. Deswegen muss sich die Zelle regelmäßig (wöchentlich) treffen, um sich so zu nähren für ihr Wirken in den vier Dimensionen des christlichen Lebens (Geschwisterlichkeit, Lobpreis, Wort Gottes, Zeugnis). Sie wächst durch das Aufnehmen der Neubekehrten und vermehrt sich durch das Phänomen der Mitose (Zellteilung) um die Evangelisationsbewegung fortzupflanzen und zu vergrößern. So ist die Evangelisationszelle in sich eine integrierte und integrative Gesamtheit.



Zweite Ebene: die kirchliche (gemeindliche) Integration

Genauso wie die biologische Zelle an einen viel größeren Körper gebunden ist, ohne den sie nicht leben könnte, genauso ist auch die Evangelisationszelle in einer lebendigen und lebensnotwendigen Beziehung zur Pfarrei. Sie ist anerkannt als kirchliche Einheit, welche die evangelisierende Mission für das Wachstum der Kirche belebt. Wir wissen, dass die Zelle stirbt, wenn sie sich vom Körper löst und dass der Körper in dem Maße bei guter Gesundheit ist in dem es auch jede seiner Zellen sind. Noch mehr, jede biologische Zelle ist bei guter Gesundheit, weil sie eine Aufgabe, eine Funktion oder einen Dienst sowohl für sich selbst als auch für den ganzen Körper erfüllt. Kann man sich überhaupt eine für die Gesamtheit des Körpers nutzlose Zelle vorstellen? Genauso verhält es sich mit der Evangelisationszelle. Man kann die Qualität einer Zelle und ihre Einheit mit dem Körper an den Diensten überprüfen, die sie für den Körper übernommen haben. Jede Zelle ist gerufen, Charismen, Talente und Dienste zum Wohle des Leibes der Kirche zu fördern. Jede Zelle kann auch von den Charismen, Talenten und Diensten des ganzen Leibes profitieren. Auf dieser zweiten Ebene der Integration sehen wir nun besser der interaktiven und integrativen Charakter des kirchlichen Leibes in der Beziehung zu jeder Evangelisationszelle.



Dritte Ebene: die pastorale Integration

Genauso wie im biologischen Leib mit seine unvorstellbare Zahl von Zellen einen Verstand braucht um das harmonische Wachstum zu koordinieren je nach Entwicklungsstand der Glieder, Organe und Systeme, so muss auch der evangelisierende Leib der Kirche weise und ausgleichend die Entwicklung der Evangelisationszellen unter dem Blick des Hirten organisieren.



 Der Hirte hat die "Vision":

    1. der Zelle als eines abgeschlossenen Ganzen

    2. der Entwicklung des Leibes der Kirche

    3. der pastoralen Integration auf den zwei vorgenannten Ebenen.



Der Hirte muss die "Vision" des EPZS nicht nur mittragen und verinnerlicht haben, er muss sie auch beständig und regelmäßig kommunizieren, je nach dem Entwicklungsstand der Zellen und des Leibes der Kirche. Er muss sich auch versichern, dass die DNA sich reproduziert treu zur Funktion der Zellteilung. Seine Hauptsorge aber ist es eine Struktur zur Leiterausbildung zu unterhalten, in der die persönliche Begleitung eine hervorragende Stellung einnimmt. Diese DNA des EPZS wird sowohl bei den Ausbildungskursen als auch durch die zwischenmenschliche Beziehung weitergegeben, wo die "Schuldigkeit" jedem Leiter erlaubt, eine Verpflichtung zu bewahren, auf die verschiedenen Ebenen der pastoralen Struktur zu achten.



Wenn der Hirte die Vision des EPZS wirklich in sich trägt, geschieht die pastorale Integration harmonisch und ausgewogen, in derselben Perspektive, die Paulus vorhergesehen hat, als er den wachsenden Leib Christi betrachtet. Er schreibt an die Epheser: "Wir wollen uns, von der Liebe geleitet, an die Wahrheit halten und in allem wachsen, bis wir ihn erreicht haben. Er, Christus, ist das Haupt. Durch ihn wird der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt in jedem einzelnen Gelenk. Jedes trägt mit der Kraft, die ihm zugemessen ist. So wächst der Leib und wird in Liebe aufgebaut." (Eph 4,15-16) Dies ist dem Maße möglich, in dem der Hirte nicht nur das Ziel der Evangelisierung und die Spiritualität der Gemeinschaft in der Zelle begünstigt, sondern auch und vor allem das Ziel der christlichen Bildung. Dabei kann er sich auf die Ziele der Leiter konzentrieren, die dann diese Ausbildung im Zellsystem und im Gesamten der Pfarrgemeinde multiplizieren können. In einem ähnlichen Zusammenhang wie im vorherigen Abschnitt schreibt Paulus: "... um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des Leibes Christi (wörtlich: in Hinsicht auf die Ausbildung der Heiligen zum Werk des Dienstes). So sollen wir alle zur Einheit im Glauben und in der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, damit wir zum vollkommenen Menschen werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen" (Eph 4,12-13).



Schluß

Diese Vision des Wachstums, die das ganze Neue Testament durchzieht und die besonders gut zusammengefasst ist in diesem dichten und tiefen Abschnitt im Epheserbrief (vgl. 4,11-16) sollte zur Belebung und Förderung seiner Pfarrgemeinde im Herz des Hirten verankert sein. So ist das EPZS mehr eine völlig biblische und kirchliche Vision als eine Methode. Getragen von dieser Vision kann der Hirte in ihr Gnadenquellen finden, die ihm die Fähigkeit verleihen, dieses pastorale Abenteuer der Evangelisierung in einer Dynamik des Wachstums und der Vermehrung zu unternehmen. Die biblische Wachstumsvision, die das EPZS vermittelt, ist nicht schwer zu tragen. Wenn diese Vision von Gott stammt, wird sie mitreißen und anregen, Mut, Enthusiasmus und Leidenschaft vermitteln. Dennoch ist sie herausfordernd, denn sie fordert eine pastorale Umkehr, nämlich sich selbst vollständig mit Kompetenz und Liebe dem Dienst Christi und der Kirche hinzugeben. Der Dienst des Priesters im EPZS hat kein anderes Ziel, als das zu aktualisieren und anzuwenden, das Paulus selbst bei den Christen in Kolossä verfolgt hat: "das Wort Gottes zu erfüllen" (Kol 1,25, wörtl. Übersetzung), damit das Evangelium "Frucht bringt und in der ganzen Welt wÃähst" (Kol 1,6).



P. Mario Saint-Pierre